Stell dich nicht so an ...

(Diesen Beitrag hatte ich in etwas abgewandelter Form vor etwa einem Jahr schonmal in meinem Blog veröffentlicht. Das Thema ist aber wieder bzw. immer noch aktuell und deshalb...) 

 

Menschen, die mit depressiven Phasen oder sogar mit Depressionen zu tun haben, kennen solche Sätze wie „Lach doch mal“ oder „Morgen sieht die Welt schon ganz anders aus“ oder eben auch mal ein herzhaftes „Stell dich nicht so an“.

Das nervt ziemlich, weil es ja unterstellt, dass der Betroffene eigentlich entweder gar nichts hat oder zumindest mit ein bisschen „Zusammenreißen“ und „gutem Willen“ problemlos damit fertig werden könnte. Fairerweise muss ich zugeben, dass ich das auch jahrelang in ähnlicher Form gedacht habe und dass man vermutlich Krankheiten auch nur dann im Ansatz verstehen kann, wenn man mal selbst damit zu tun hatte.

Ich habe neulich auch erst gelernt, dass solche gut gemeinten Sätze wie „Du musst jetzt kämpfen!“ für viele Krebs-Patienten der Horror sind. Weil sie unterschwellig suggerieren, dass man sich eigentlich nur genug anstrengen muss, um die Krankheit zu „besiegen“. Leider hat aber der Verlauf einer Krebserkrankung mit vielen anderen Faktoren zu tun, die man überhaupt nicht beeinflussen kann. Zum Beispiel, in welchem Stadium der Krebs entdeckt wird, an welcher Stelle er auftritt, wie alt man ist, wie man auf die Behandlungen reagiert, welche Nebenerkrankungen es gibt und so weiter … und das hat mit „Kampf“ erstmal gar nichts zu tun.

Zurück zu „meinem“ Thema.

Menschen, die mit Depression zu tun haben, kennen meist auch bestimmte Faktoren, die eine depressive Phase auslösen oder verstärken können. Und - soweit das möglich ist - versuchen sie natürlich, diese „Trigger“ zu umgehen und zu vermeiden. Manchmal schafft man das, in vielen Fällen aber auch nicht, weil die persönliche Lebenssituation, die Jahreszeit, das Wetter, das Umfeld, der Beruf, die Gemeinde, die Hobbys und viele andere Dinge eine Rolle spielen. Und man kann das nicht alles selbst kontrollieren und beeinflussen.

Manche Dinge kann man aber vermeiden, allerdings muss man dann damit rechnen, dass andere Menschen das nicht verstehen und akzeptieren. 

Wenn ich beispielsweise mit jemand darüber spreche, dass ich einige alte Weihnachtslieder oder überhaupt grundsätzlich das, was man als „Weihnachtsstimmung“ bezeichnet, möglichst aus meinem Leben verdränge, dann ernte ich fast immer Unverständnis, selbst wenn ich meine konkreten Gründe nenne. Oft genug kommt dann von der anderen Person so was wie „Aber das weckt doch auch schöne Erinnerungen an die Kindheit“ oder „Den anderen zuliebe solltest du das trotzdem machen …“

Und das ist ungefähr so schlau, als würde man einem trockenen Alkoholiker auf einer Party sagen, dass er sich doch mal daran erinnern soll, wie es war, als er - bevor er süchtig wurde - sein erstes Glas Wein getrunken hat und wie lecker das damals war. Und dass es außerdem den anderen Menschen gegenüber auch unhöflich wäre, wenn er nicht mitsäuft, weil die sich sonst irgendwie ausgegrenzt fühlen könnten.

Auch in diesem Bereich habe ich das schon erlebt, dass ich als "Spaßbremse" galt, wenn ich nicht mitgetrunken habe. Beim Thema "Depression und Weihnachten" ist es aber noch schwieriger, weil dieses Fest und diese Zeit für die meisten Menschen sehr positiv besetzt ist, oft schon krampfhaft positiv. Und ihr könnt mir glauben: Ich gönne euch das!

Mich nervt nicht, dass Menschen sich auf die Weihnachtszeit freuen, dass sie bestimmte Rituale und Lieder brauchen oder der ganzen Familie mit irgendwelchen Planungen und Geschenke-Orgien auf den Sack gehen. Soll jeder so machen, wie er gerne möchte.

NUR ICH WILL DAS EBEN NICHT! 

Und ich finde: Jeder Mensch hat das Recht, bestimmte Dinge zu tun oder zu lassen. Und er muss das nicht rechtfertigen oder begründen. Jeder darf selbst entscheiden und ausprobieren, was gut für ihn ist und was nicht.

Manchmal wird das bedeuten, dass Menschen finden, dass du dich scheiße anstellst oder einfach ein Idiot bist. Manchmal wird das vielleicht sogar bedeuten, dass du eine liebgewonnene Gruppe verlassen musst. Und das wird sich vermutlich auch mies anfühlen. Aber immer noch besser, als dauerhaft irgendwas mitzumachen, das dir schadet.

In diesem Sinne … bleibt auch in diesem Jahr wieder stabil! 

 

Klaus F. aus R. wartet auch in diesem Jahr wieder nicht auf den Weihnachtsmann ... 
und schon gar nicht auf "Stihille Naaaacht"
   

 


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