Lowpricelighter versus Corona

Hier wie versprochen wieder was Lustiges, nämlich eine kleine und ganz neue Geschichte vom Lowpricelighter für alle, die in der Corona-Zeit Trost und Halt suchen ... ;-) Um die Geschichte zu verstehen, sollte man natürlich vorab meine Lowpricelighter-Bücher gelesen oder sie zumindest gekauft haben, siehe:
"Dem Klaus seine Bücher"

Lowpricelighter versus Corona
(© Klaus Fischer)


Die Nachricht war ziemlich überraschend gekommen. Unsere Regierung hatte aufgrund der Corona-Virus-Krise sämtliche öffentlichen Veranstaltungen verboten. Dazu zählten auch Gottesdienste.
Wir hatten deshalb vereinbart, uns als Gemeindeleitung zu treffen, um das weitere Vorgehen abzusprechen. Diese Gemeindeleitung bestand aus unserem Pastor Hosea und dazu noch der Leiterin unserer Kinderarbeit, Anne Wand-Klatschen, und natürlich aus mir.
Bei der letzten Wahl zur Gemeindeleitung hatte es einen Protest von Genda Mehnstriehm gegeben, die beantragt hatte, die Gemeindeleitung müsse zu 50 % mit Frauen besetzt sein. Hosea hatte als Pastor darauf hingewiesen, dass es schwierig sei, ein aus drei Personen bestehendes Gremium zur Hälfte männlich und weiblich zu besetzen. Daraufhin hatte Genda beantragt, dass man dann eben die Gemeindeleitung auf mindestens fünf Personen erweitern müsse und dann würde das mit den 50 % ja rechnerisch schon eher klappen … wenn man es wirklich will!

Das wiederum hatte einen Protest von Günter Siekmann zur Folge, der damals darauf hinwies, dass erstens eine Gemeindeleitung immer nur aus drei Personen bestehen dürfe, weil dies seit den drei Weisen aus dem Morgenland biblisch so festgelegt sei. Und zweitens dürften Frauen überhaupt nicht in die Gemeindeleitung, weil die Weisen aus dem Morgenland schließlich auch alle Männer waren … und außerdem Weise!
Die folgende etwas hitzige Diskussion möchte ich an dieser Stelle nicht wiedergeben, weil dort einige Dinge gesagt wurden, die man in einer christlichen Gemeinde, nun ja, zumindest anders formulieren sollte. Günter scheiterte jedenfalls mit seiner eigenen Kandidatur bei der schriftlichen Wahl zur Gemeindeleitung mit null Stimmen. Es hatte zwar einen Stimmzettel gegeben, auf dem der Name Günter Siekmann angekreuzt war. Der handschriftlich hinzugefügte Zusatz: „Leiter der Weltmission und vom Herrn eingesetzter legitimer Nachfolger von Billy Graham und Reinhard Bonnke“ führte jedoch aus Sicht der Wahlkommission damals zur Ungültigkeit.

Hosea, Anne und ich trafen uns also im Gemeindebüro. Während wir als Gemeindeleitung darüber nachdachten, wie wir die Versammlungsverbote aufgrund des Coronavirus umsetzen werden und was wir als Alternativen anbieten können, stürmte eben jener „Leiter der Weltmission“ Günter Siekmann in den Raum und verkündete folgendes:
Höret, Brüder! Der Herr sprach zu mir in einem Bild. Ich sah ein weißes Pferd mit schwarzen Streifen und dahinter eine hohe Mauer ...“
Das könnte das Zebra-Gehege im Zoo sein“, stellte Anne lapidar fest. Aber Günter ließ sich in seinem prophetischen Redeschwall nicht bremsen: „ … und ich sah ein Segelschiff, das neben einem hölzernen Turm auf Sand lag ...“
Das könnte der Kinderspielplatz im Zoo sein“, meinte Anne genervt.
„ … und eine Stimme aus dem Turm sprach zu mir: Sammelt euch, ihr geistlichen Leiter! Sammelt euch! Und sprecht zu den Menschen im Norden: Höret, ihr Menschen des Nordens, die ihr im Norden wohnt. Beuget euch, damit der Norden gerettet werde. Und sprecht zu den Menschen im Westen: Höret, ihr Menschen des Westens, die ihr im Westen wohnt. Beuget euch, damit der Westen gerettet werde. Und sprecht zu den Menschen im Süden: Hö ...“
Du, Günter, ich glaube, wir haben das Prinzip verstanden!“ unterbrach ich ihn etwas unwirsch.
Welches Prinzip?“ fragte Günter völlig überrascht.
Na, ich schätze mal, dass die Menschen im Süden und dann vermutlich auch die Menschen im Osten sich auch beugen sollen, um gerettet zu werden, oder?“
Das konntest du nicht aus dir heraus wissen. Das hat dir der Herr eingegeben, um meine Prophetie zu bestätigen!“ frohlockte Günter. „Und der Herr wird alle diejenigen ausrotten und vom Erdboden vertilgen, die nicht in unsere Gemeinde kommen … und so werden wie wir!“ schmetterte er weiter.
Günter!“ sagte Hosea in ruhigem Ton. „Ich weiß nicht in allen Einzelheiten, was Gott wirklich plant. Aber ich bin mir relativ sicher, dass er nicht möchte, dass alle so werden wie wir.“
Günter sah das naturgemäß anders und wollte gerne noch weiter darüber diskutieren, dass die Zeit gekommen sei, in der der amerikanische Präsident Trump das Volk Gottes durch den geteilten Atlantik ins gelobte Land führen würde. Aber als er sich gerade in eine seiner üblichen Verschwörungstheorien reinsteigern wollte, die darauf hinauslaufen, dass „wir“ von „denen“ durch irgendwelche Impfstoffe oder Handystrahlen gefügig gemacht werden sollen, reichte es Hosea dann auch mal:
Günter! Wir müssen uns hier als Gemeindeleitung Gedanken machen, wie wir mit den von der Regierung verordneten Gottesdienstverboten umgehen. Wir haben jetzt wirklich keine Zeit für deine Verstrahlung. Wir haben hier momentan eine Krise, die den ganzen Erdball betrifft. Also geh jetzt bitte nach Hause! … Oder in den Zoo!“
Günter ging, aber nicht ohne noch zu rufen: „Sie ist kein Ball, sondern eine Scheibe! Die Erde ist eine Scheibe!“
Als endlich wieder Ruhe eingekehrt war, beschlossen wir als Gemeindeleitung alle öffentlichen Gottesdienstveranstaltungen abzusagen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass an jedem Sonntag eine Predigt und ein paar Lieder online ausgestrahlt werden. Ich erklärte mich bereit, dies für den ersten Sonntag zu übernehmen und einen Livestream von zuhause zu senden.
Gitti war nicht übermäßig begeistert, als ich ihr erklärte, dass ich das Wohnzimmer umgestalten muss, um den Zuschauern unseres Livestreams eine gewisse Gottesdienstatmosphäre zu geben. Sie hielt es außerdem auch nicht für notwendig, dass ich unseren Wohnzimmertisch hochkant stellte und mit dem Edding-Stift ein schwarzes Kreuz auf die Glasplatte malte, um ihn als Kanzel für die Online-Predigt zu nutzen. Und sie wollte auch mal wieder nicht einsehen, dass sie als Online-Ehefrau des Online-Predigers Arno Nühm während der Übertragung nett lächelnd auf dem Sessel neben der improvisierten Kanzel sitzen sollte.
Das kannst du vergessen“, sagte sie. „Ich will ganz bestimmt nicht in einem Video im Internet zu sehen sein.“ Meine aufmunternd gemeinte Bemerkung „So schlimm siehst du doch nun auch wieder nicht aus“ half da auch nicht weiter.
Ich muss gestehen, dass ich etwas nervös war. Ich hatte schon gepredigt, ich hatte auch schon alleine Musik gemacht, aber noch nicht vor einer Kamera, die alles live ins Internet überträgt. Im Nachhinein war es vielleicht auch nicht optimal, dass ich nach meinem kurzen Kameratest um 7:30 Uhr vergessen hatte, sie wieder auszuschalten. Ich merkte das erst, als um kurz vor 9 Uhr mein Freund Wolfgang Holbein anrief und fragte: „Sag mal, ist das Absicht, dass man dich in deinem FC Bayern Schlafanzug bei Facebook sehen kann?“ Mein anschließender sportlich sehenswerter, aber trotzdem etwas zu kurz geratener Hechtsprung zur Kamera war zwei Wochen später schon über 4.000 mal bei Youtube angeklickt worden.

Der eigentliche Online-Gottesdienst verlief dann fast reibungslos:

9:57 Uhr Die Online-Übertragung beginnt. Arno Nühm setzt sich an sein Keyboard und schaut grenzdebil in die Kamera. (Übrigens jetzt nicht mehr im FC Bayern Schlafanzug, was der Vollständigkeit halber erwähnt werden sollte).

9:58 Uhr Arno Nühm klickt auf dem Laptop rum und fragt mit leicht verzweifeltem Unterton: „Ist das jetzt schon …? Bin ich …? Ja, hallo zum … nee, ich fang nochmal an. Ich glaube, das ist noch nicht … Doch! … Ah, jetzt! Hallo Stucki! Danke, dass du eingeschaltet hast … Gut, wenn man mich jetzt scheinbar live sehen kann, dann leg ich mal gleich los ...“

10:00 Uhr Arno Nühm begrüßt die vier Zuschauer mit den Worten: „Herzlich willkommen zum ersten Online-Gottesdienst der Freien Erweckungsgemeinde Todtenhausen. Wir wollen auch in dieser schwierigen Zeit darauf vertrauen, dass unser Herr … ach scheiße, wieso ist denn jetzt die Kamera verrutscht?“

10:02 Uhr Arno Nühm richtet die Kamera neu aus, weil im Bild nur noch seine Füße mit den Hausschuhen zu sehen waren,die modisch allerdings nicht so ganz zum Anzug passen. Jetzt stimmt das Bild wieder, allerdings klappt im Hintergrund das extra für die Online-Übertragung angebrachte Poster mit dem berühmten christlichen Gedicht „Ins Wasser fällt ein Schwein“ herunter.

10:03 Uhr Arno Nühm begrüßt die Zuschauer erneut und startet mit dem ersten Lied, das natürlich thematisch zur Corona-Krise passt:

Keine Seuche kann mich schlagen
und - falls doch – will ich es tragen
In den allergrößten Nöten
weiß ich: Nichts wird mich je töten
außer wenn du, Gott, es willst
und mich heim holst und jetzt killst

10:07 Uhr Der Lowpricelighter beendet das Lied mit einem wuchtigen A-Septime-Akkord und lässt ihn langsam ausklingen, um die Heiligkeit dieses Moments nachwirken zu lassen.

10:08 Uhr Gitti Nühm betritt das Zimmer und fragt: „Waren diese beiden blaugrauen Unterhosen, die bei dir neben dem Bett lagen, eigentlich für die Wäsche bestimmt oder hattest du damit noch irgendwas vor?“
Arno Nühm hechtet erneut mit einem sportlich sehenswerten, aber trotzdem wieder etwas zu kurz geratenen Hechtsprung zur Kamera. Nachdem er sich wieder aufgerappelt hat, schaltet er die Kamera aus …
Anschließend entsteht eine teils lebhafte, aber selbstverständlich fast immer in christlicher Harmonie geführte Diskussion zu den Themenbereichen „Unterhosen“, „Wertschätzung von Hausarbeit“, „Wertschätzung von Predigtdiensten während der Corona-Krise“ sowie „Vor- und Nachteile des Ehelebens im allgemeinen und im besonderen mit Herrn Arno Nühm“.

10:58 Uhr Die Diskussion endet nach einer Dreiviertelstunde in christlicher Harmonie mit dem von Gitti Nühm geäußerten Satz „Dann mach doch deinen Mist alleine!“.

10:59 Uhr Arno Nühm erinnert sich daran, dass er ja irgendwie den Online-Gottesdienst fortsetzen sollte und stellt anschließend fest, dass er die Übertragung dummerweise doch nicht unterbrochen hatte. Deshalb wurde wohl der komplette Streit an die mittlerweile 4.083 Zuschauer übertragen. Das Video wurde 1.332 mal geliked, 428 mal kommentiert und 34 mal geteilt. Arno Nühm freut sich über diesen außergewöhnlichen Zuspruch nur bedingt.

11:03 Uhr Arno Nühm tritt vor die Kamera, setzt sich an sein Keyboard und spielt ohne noch etwas zu sagen einfach als Abschluss des Online-Gottesdienstes das in mehrfacher Hinsicht zum Thema passende Instrumentalstück „Slip away“.

(Ende der Dokumentation des Online-Gottesdienstes)

Gitti und ich hatten unseren Streit beim Mittagessen längst beendet. Denn erstens gab es Frikadellen und ich kann nun wirklich keinem Menschen böse sein, der mir Frikadellen brät. Schon gar nicht, wenn sie so schmecken wie die Frikadellen, die Gitti macht. Und zweitens konnten wir uns sozusagen über einen gemeinsamen „Feind“ aufregen, nämlich unsere Tochter Steffi!
Die hatte nämlich kurz zuvor angerufen und gesagt, dass von den Experten empfohlen wird, alte Menschen nicht zu besuchen. Und deshalb hatte sie den für den Nachmittag geplanten Besuch abgesagt. Ich war zwar jetzt nicht unbedingt traurig, wenn ich meinen Schwiegersohn Aaron ein paar Wochen lang nicht sehe. Aber auf meinen kleinen Enkelsohn wollte ich natürlich nicht verzichten.

Ach ja, das mit dem Enkelsohn können Sie ja noch nicht wissen. Wenige Wochen nach der Hochzeit von Steffi und Aaron hatten die beiden uns berichtet, dass wir Großeltern werden. Die Freude war natürlich riesig und wir konnten die Geburt kaum abwarten. Kurz nach der Entbindung hatte Aaron bei uns angerufen: „Herzlichen Glückwunsch! Ihr seid jetzt Oma und Opa. Die Mutter und der kleine Lukas-Rodrigo sind wohlauf.“
Lukas-Rodrigo? Ich hatte erstmal nichts gesagt, aber wie kann jemand ernsthaft auf die Idee kommen, sein Kind Lukas-Rodrigo zu nennen? Wir hatten dann kurz danach glücklicherweise herausgefunden, dass unsere Tochter und ihr Kerl nicht wirklich so blöde waren, ihren Sohn Lukas-Rodrigo zu nennen. Aaron hatte sich zum Glück nur wieder einen seiner blöden Witze erlaubt. Im Grunde genommen wäre ja auch der Name sowieso nicht so wichtig gewesen, denn Hauptsache, die Mutter und das Kind sind gesund. Und ich war vermutlich der glücklichste Opa der Welt, als ich den kleinen Philemon-Galadriol in meinem Arm gehalten hatte …

Also, zurück zum Besuchsverbot. Gitti und ich waren ziemlich sauer, dass unsere Tochter uns bereits einfach so in die Risiko-Gruppe der Alten und Todgeweihten einstufte. Mir war nämlich völlig klar, dass diese Krankheit mir überhaupt nichts anhaben konnte, denn erstens war ich für mein Alter noch ziemlich jung und zweitens: Wer außer mir sollte denn gerade in so einer Krise der am Boden liegenden Christenheit neues Leben einhauchen? Ich meine, wenn wir von dem etwas missglückten Online-Gottesdienst mal absehen.

Ach, apropos Online-Gottesdienst. Wenn ich bei dieser Gelegenheit noch einen Tipp loswerden kann. Für alle, die auch gerne ein Kreuz auf den Wohnzimmertisch zeichnen wollen, um ihn hochkant als Kanzel zu nutzen: Man sollte keinen Stift nehmen, auf dem irgendwas mit „permanent“ steht … nur mal so als Hinweis.

Gitti und ich waren uns jedenfalls einig, dass der Entzug unseres Enkels für uns eine unzumutbare Härte bedeutete und dass wir unsere Tochter unbedingt überreden mussten, ihre Meinung zu ändern.
Kurz danach klingelte irgendjemand an der Haustür. Ich hoffte darauf, dass Steffi doch noch zu Besuch kommen wollte, wurde aber leider enttäuscht und auch etwas überrascht. Vor der Tür stand ein Wesen wie aus einer anderen Welt mit einem Ganzkörper-Schutzanzug. Wir hatten natürlich davon gehört, dass Kriminelle sich mit solchen Tricks Zugang in fremde Wohnungen verschaffen wollten und deshalb sagte ich gleich: „Wenn Sie jetzt behaupten, dass Sie vom Gesundheitsamt sind, dann rufe ich sofort die Polizei.“ Aber das Wesen meldete sich: „Arno, erkennst du mich denn nicht? Ich bin's! Die Else … Else Baluschek.“ Ich blieb misstrauisch, denn möglicherweise hatten diese Kriminellen ihren sogenannten Enkeltrick auch schon als Baluschek-Trick erweitert.
Nehmen Sie mal die Schutzhaube vom Kopf und setzen Sie diesen komischen Mundschutz ab“, sagte ich. „Sonst glaube ich hier erstmal gar nichts!“
NEIN!“ wimmerte es unter dem Anzug. „Diese Virologen schwirren hier überall umher und wollen uns umbringen.“
Von der Stimme her konnte es Else sein. Und die Figur passte auch ungefähr, also so ungefähr 1,30 m hoch und breit.
Else, was willst du? Und wieso bist du überhaupt wieder in Deutschland?*“

(*Für alle, die den fünften Band vom Lowpricelighter nicht gelesen haben, hier zwei kurze Hinweise: Erstens ist Else Baluschek im fünften Teil vom Lowpricelighter nach Bukandi in Afrika ausgewandert und zweitens frage ich mich gerade, was das für ein armseliges Leben sein muss, wenn man den fünften Teil vom Lowpricelighter nicht gelesen hat ...)

Ach, das ist eine lange Geschichte“, schnaufte das Wesen unter dem Anzug mit schwerer Atemnot. „Kann ich nicht erstmal reinkommen? In eurer Wohnung sind bestimmt weniger tödliche Virologen als hier draußen ...“
Ich kam nach kurzer Überlegung zu dem Ergebnis, dass es möglicherweise auch in der Nachbarschaft zu Gerüchten kommen könnte, wenn jemand mit einem Schutzanzug bei uns vor der Haustür steht und bat sie deshalb in die Wohnung. Else stapfte in Richtung Wohnzimmer und atmete dabei wie Darth Vader.
Sie weigerte sich aber trotz der offensichtlichen Atemnot standhaft, diesen Anzug auszuziehen oder wenigstens die Kopfhaube abzusetzen. Auch dann noch, als Gitti zu ihr sagte: „Else, du bist wahrscheinlich längst dehydriert und musst dringend was trinken. Soll ich dir ein Glas Wasser holen?“
Nein, im Wasser sind ja diese Virologen auch drin!“ prustete Else. Gitti und ich schauten uns ratlos an und ich fragte mich in diesem Moment, ob Gott da irgendeinen Plan verfolgte, um mich mit irgendwelchen biblischen Plagen in die Knie zu zwingen. Erst Corona, dann die Sache mit dem missglückten Online-Gottesdienst, dann der abgesagte Besuch unserer Tochter und unseres Enkelsohnes und jetzt stattdessen noch Else im Schutzanzug. Was kommt als nächstes? Mein Nachbar Watermeier wird Bundeskanzler?
Else wollte uns eigentlich erzählen, weshalb sie nach so langer Zeit aus Bukandi abgereist war. Es hing wohl irgendwie damit zusammen, dass ihre Witwenrente nicht mehr gezahlt wurde, weil die Rentenkasse davon ausging, dass sie längst tot sei. Deshalb musste sie nun ausgerechnet in dieser schwierigen Zeit nach Deutschland, um das zu klären.
Ein besonderes Schauspiel bot sich, als Else niesen musste und sich deshalb plötzlich zusammenrollte. Sie erklärte uns hinterher, dass man wegen des Virus immer in die Kniebeuge niesen muss. Gitti versuchte ihr zu erklären, dass die Armbeuge grundsätzlich leichter zu erreichen sei, aber das bekam Else schon nicht mehr mit, weil sie jetzt tatsächlich in ihrem Schutzanzug ohnmächtig wurde und direkt neben mir auf die Erde plumpste.
Kannst du sie denn nicht mal festhalten, bevor sie vom Sofa fällt und auf die Tischkante knallt?“ fragte Gitti, als sie Else die Schutzhaube abnahm.
Ich dachte, die will wieder niesen“, sagte ich entschuldigend.
Hol mal Wasser“, befahl Gitti in ihrem typischen Krankenschwester-Kommandoton, wenn es galt, die Menschheit zu retten.
Als ich mit einem Eimer Wasser zurück kam, war Else gerade wieder bei Bewusstsein und begann mit einer ihrer bekannten Panikattacken: „Ohne die Schutzkleidung bin ich jetzt bestimmt konfektioniert. Und ich bin doch ein Risiko-Patient!“
Das wissen wir schon lange“, sagte ich und fing mir dafür gleich einen fiesen Blick meiner Ex-Verlobten ein. Gitti fragte außerdem: „Wieso kommst du denn jetzt mit einem Eimer, MANN?“
Weil du WASSER wolltest, FRAU!“
Ein Glas Wasser, Arno! Ein GLAAAHAAAS!“
Toll! Warum sagt sie das dann nicht gleich? Ich brachte den Eimer wieder weg, holte ein Glas und schaute dann vorsichtshalber in der Küche noch mal aufs Smartphone, ob das alles immer noch im Internet übertragen wird. Glücklicherweise war das nicht der Fall.
Als ich wieder zurück ins Wohnzimmer kam, hatte Gitti sich weiter um Else gekümmert und ihr bereits den Schutzanzug ausgezogen. Else in Unterwäsche! „Herr! Erbarme dich!“ betete ich innerlich. Schlimmer konnte es nicht mehr kommen …
Doch! Konnte es. Denn kurz darauf rief nämlich Günter bei mir an und erklärte, dass er die Kanzlerin angeschrieben habe mit der unmissverständlichen Aufforderung, mit sofortiger Wirkung wieder Gottesdienste zu erlauben. Andernfalls würde er durch Gebete dafür sorgen, dass sämtliche Regierungsmitglieder von einer Heuschreckenplage biblischen Ausmaßes und anschließend Durchfall heimgesucht würden.
Außerdem habe ich die Kanzlerin darauf hingewiesen, dass in christlichen Kirchen auf gar keinen Fall eine Mundschutzpflicht angeordnet werden kann, weil Gott sonst nicht sehen kann, wer immer treu zu den Versammlungen erscheint.“ Keine Ahnung, was Günter danach noch so alles erzählte, denn ich warf mein Handy einfach ins Klo.
Als Gitti dann noch fragte, ob ich Else mit dem Auto ins Pflegeheim „Last Vegas“ fahren kann, wo sie vorübergehend untergebracht werden sollte, antwortete ich ganz ruhig:
Nein, ich werde Else nicht in ihrer hautfarbenen Unterwäsche durch die Gegend fahren. Und ich werde nicht mehr mit Günter telefonieren. Ich werde auch keine Online-Gottesdienste mehr gestalten oder irgendwas anderes. Sondern ich will jetzt einfach meine Ruhe haben … nur Ruhe … ganz viel Ruhe ...“
Aber ...“
Ruuuuuuu ...häääääääää!“

Ungefähr vier Stunden später öffnete Gitti den Deckel der Kühltruhe und meinte: „Du solltest jetzt da rauskommen, finde ich. Außerdem ist Steffi mit dem Kleinen da ...“












FAQ, um Rückfragen zu vermeiden:

Nein, es wird kein neues Lowpricelighter-Buch geben, weil ich noch bis ungefähr 2049 die Raten für den selbstfinanzierten fünften Lowpricelighter-Band abzahlen muss.

Ja, man kann meine Bücher auch als Mundschutz vors Gesicht binden.

Nein, ich kenne kein Gegenmittel, weder gegen Corona noch gegen meinen Humor. Und ich rate in beiden Fällen davon ab, Desinfektionsmittel zu spritzen.

Ja, eigentlich steckt Bill Gates hinter allem und will nur dafür sorgen, dass es endlich auch Klopapier mit dem Lowpricelighter-Motiv gibt.

Kommentare

Stefan Dlugaiczyk hat gesagt…
Schon lustig, weil wahr!
Simon hat gesagt…
Ganz groß, wie immer!
Ich bin ein Riesen-Fan!
KlausHelmutD hat gesagt…
...ich liebe diese theoretisch fast wahren Begebenheiten von dem deutschen Pendant von Adrian Plass🤗🫣
Strong hat gesagt…
Wunderbar, wie immer präzise Wahrnehmung der Dinge :)))