Wisst ihr, was das beste Brötchen war, das ich jemals gegessen habe?
Nein, es geht hier nicht darum, dass Bäcker Drömel irgendwelche Super-Achtkorn-Doppelback-Brötchen erfunden hat, die dann "Flutschies" oder "Drömel-Ömmel" heißen und bei denen man dann sagt: "Bitte vier Stück von diesen hier!", weil einem der bescheuerte Name zu peinlich ist. Ich spreche von einem ganz normalen Brötchen. Und zwar dem ersten Brötchen nach meiner Blinddarm-OP vor einigen Jahren.
Schon am Morgen vor meinem Arztbesuch hatte ich vorsorglich nichts gegessen, weil ich die Diagnose schon geahnt hatte. Beim Arzt hatte sich das bestätigt und er hat gesagt: "Gehen Sie gleich rüber ins Krankenhaus!" "Ja, aber ich muss erst noch meiner Frau Bescheid sagen und mein Auto wegbringen und meine Sachen holen ...". "Nein, gehen Sie bitte gleich rüber!"
Hab ich dann auch gemacht und lag relativ schnell dort im Bett und wurde in den OP-Saal geschoben. Etwas aufgeregt, denn das war die erste Operation meines Lebens. Allerdings hatte ich auch einen Vorteil: Ich sehe fast so aus wie mein Bruder! Das ist an sich noch nicht unbedingt der Vorteil aber er hatte bis kurz vorher dort im Krankenhaus als Pfleger gearbeitet. Deshalb wurde ich wegen der Ähnlichkeit vor der OP noch gefragt, ob ich einen Dirk Fischer kenne. Und ich: "Ja, das ist mein Bruder! Und wenn ihr keinen Ärger mit ihm haben wollt, dann solltet ihr die OP nicht versauen!"
Beim Aufwachen aus der Narkose hörte ich, dass die Schwester sagte: "Ihre Frau ist auch hier!" Das hörte sich sehr beruhigend an, denn dann hatte ich wohl überlebt ... 😁. Die Drohung mit meinem Bruder hatte ihren Zweck erfüllt.
Kurze Zeit später wurde ich in ein Dreibettzimmer geschoben und freute mich, dass neben meiner Queen auch die Kinder, mein Bruder und mein Vater zu Besuch kamen. Ich hatte meiner Frau ausdrücklich gesagt, dass sie auf keinen Fall irgendwem aus der Gemeinde Bescheid geben sollte, denn ich wollte nicht, dass der Pastor zur "letzten Ölung" kommt oder irgendwelche missionsfreudigen Frommen die Gelegenheit nutzen, um mit christlichen Traktaten die ganze Station aufzumischen.
An diesem ersten Abend hatte ich eigentlich noch gar keinen Hunger, denn die Aufregung wegen der OP hat mich vermutlich abgelenkt. Am zweiten Tag, als meine Zimmernachbarn ihr Frühstück bekamen und ich nur eine Flasche Wasser, da sah das dann schon anders aus. Denn in der Nacht hatte ich wegen des ganzen Krankenhauslärms sowieso fast nicht geschlafen und war deshalb müde und hungrig.
Glücklicherweise sorgte das Personal aber für Ablenkung, denn am Vormittag kamen zwei Ärzte, bauten sich vor meinem Bett auf und fragten mit ernster Miene: "Weshalb sind Sie denn jetzt hier, Herr Fischer?" Und ich, etwas überrascht wegen der Frage: "Ja ... äh ... wegen der Blinddarm-OP, die gestern gemacht wurde." Die beiden blätterten hektisch in ihren Akten, schauten mich etwas ratlos an und kamen dann irgendwann darauf, dass sie eigentlich zu dem Typ im Nachbarbett wollten, der dort einen Alkohol-Entzug machen sollte und aus Platzgründen bei uns auf der chirurgischen Station untergebracht war.
Dann haben sie mit ihm geredet und sich gewundert, wieso er so hohe Entzündungswerte im Blut hat. Bis sie gemerkt haben, dass sie immer noch meine Akte (mit den hohen Entzündungswerten wegen der Blinddarm-OP) in der Hand hatten. Das war für mich der Moment, in dem ich beschloss, da so schnell wie möglich abzuhauen, denn offensichtlich wussten mindestens die beiden Ärzte nicht, was sie taten.
Am Abend gab es dann eine Art Suppe, die aber nur aus einer Flüssigkeit bestand, mit der man vermutlich sonst Tapeten ankleben konnte. Und so ähnlich schmeckte die dann auch. Ich hatte hinterher immer noch Hunger und jetzt auch noch diesen komischen Geschmack im Mund. Da ich wieder nicht schlafen konnte, nutzte ich die zweite Nacht für ausgiebige Spaziergänge auf dem Flur, um meinen "Fluchtplan" durchzuziehen ... Auch diese Nacht war nicht schön.
Am nächsten Morgen gab es für mich dann tatsächlich ein Brötchen mit Butter. Ich werde nie diesen wunderbaren Geruch vergessen und erst recht nicht den Geschmack. Das war das beste Brötchen meines Lebens. Denn wenn ein Fischer seit fast drei Tagen nichts gegessen hat, dann ist das eine sehr, sehr ernsthafte Sache 😁
Ach ja, und kurz danach habe ich dann dem Arzt gesagt, dass ich nach Hause will. Und der hat dann Theater gemacht und mir erzählt, dass das dann aber auf mein eigenes Risiko ginge. Und ich habe zu ihm gesagt, dass mein Leben sowieso auf mein eigenes Risiko stattfindet! 😁 Er hat mich schließlich widerwillig entlassen, weil er wohl gerne eigentlich noch für zwei Tage für sein Krankenhaus die Gebühren eines Privatpatienten kassiert hätte. Aber ich wollte dort auf keinen Fall eine Minute länger als nötig verbringen, sondern in meinem eigenen Bett liegen und vor allem mehr Brötchen mit Butter und andere Sachen essen.
Es dauerte mehrere Minuten, bis ich den Gewichtsverlust wieder ausgeglichen hatte ...
(Sie lasen einen Beitrag aus der Rubrik "Klaus F. aus R. erzählt mal wieder eine seine alten Geschichten")
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